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Diagnose Panikattacke

Da sitze ich jetzt. 7 Jahre später. Es fällt mir definitiv mehr als schwer diese Zeilen zu verfassen, immerhin oute ich mich heute. Ich gebe ein sehr intimes Detail meines Lebens bekannt, von dem nur sehr wenige Menschen wussten in den letzten Jahren.

Diagnose : Angststörung – Panikattacken.

Ja, die toughe, starke, coole und fröhliche  Carry hat seit 7 Jahren immer wieder Panikattacken. Manchmal in kleinen Abständen über Monate, manchmal auch nur 2x im Jahr.

Wie alles begann.

Vor 7 Jahren ist mein Nachbar, der Vater meines besten Freundes, fast gestorben. Er hatte mehr als  20 Schutzengelchen und überlebte einen Aorteneinriss sowie einen darauf folgenden Schlaganfall. Es war nicht das erste mal in  meinem Leben, dass ich einen Schicksalsschlag eines mir nahestehenden Menschen mitbekommen und mitgefühlt habe,…

In dieser Phase meines Lebens hatte ich noch dazu einen Partner, der zwar ein sehr ehrlicher lieber Mensch war, nur leider überhaupt nicht zu mir gepasst hat.  Ich habe mich angepasst wie ein Chamäleon, damit die Beziehung hält, ziemlich toxisch für einen selbst, wenn es grundsätzlich nicht passt. 

Neben der Hilfsbereitschaft für meinen besten Freund, der immerhin  gerade fast seinen Vater verloren hätte und neben der Beziehung, in der ich mich eigentlich nur verstellt habe, hatte ich damals weibliche „Freundschaften“ die im Grunde nicht anderes waren, als ein ständiges Müll abladen bei mir. 

Nicht falsch verstehen, was für jemanden wichtig ist und es wert ist jemandes andere Zeit zu nehmen, obliegt gewiss nicht meiner Beurteilung. Aber damals war es mir persönlich einfach zu wider, mir „banale“ Problemchen 5 verschiedener Mädels zu geben, die am Ende des Tages nie gefragt haben, wie es mir überhaupt geht. Ich nenne sie auch Blutaussauger,… oder Seelenstörfriede.

Das alles habe ich natürlich in der Sekunde nicht gesehen,…bis ich mich eines Abends, während einem Cocktail, plötzlich ganz komisch fühlte. Abwesend, neben mir stehend. Gefolgt von dem plötzlichen Gedanken : FUCK, ich muss jetzt sterben.

Herzrasen, Kribblen im Gesicht, Fokusverlust,… richtig richtig hässlich. Zuerst wollte ich mal sofort weg von diesem Ort, am besten ins nächste Spital aber am Weg dort hin vergingen diese Symptome wieder.

Ich habe einfach mal eine Nacht darüber geschlafen und am nächsten Tag ging es mir wie immer.

Zum damaligen Zeitpunkt befand ich mich in der Aufnahmephase der Polizei(jap ich habe 1 Jahr die Polizeischule besucht), zum Glück stand deswegen ein Gesundheitscheck an, bei dem genau nichts rauskam,…und ich war wirklich ALLES durchchecken. 

Am Ende sagte meine praktische Ärztin dann: Das sind schlichtweg Panikattacken.

Nun gut, also Panikattacken, aber was ist das?

Ganz salopp : eine Alarmreaktion des Körpers.  

Man hat körperliche und psychische Reaktionen, die sich in vielen verschieden Ausprägungen zeigen können. Das Problem dabei ist, dass man natürlich, vor allem wenn man sowas zum ersten Mal hat, nicht weiß, dass die eigene Psyche sowas auslösen kann.

Es gibt viele verschiedene Symptome / Formen:

Herzrasen, Druckgefühl auf der Brust, Kribbeln in Gesicht, Unwohlsein, Fokusverlust, Neben sich stehen, Schwindel, Atemnot, Gedankenkarussell, Todesangst

Also heißt es lernen, mit diesen Attacken umzugehen. Ich habe damals auch mit jemandem professionellen darüber gesprochen und die Devise lautete: 

 „Schalte einen Gang runter und schau ein bisschen mehr auf dich selbst“

Wenn man ständig nur für andere da ist, und es einem selbst auch nicht immer gut geht, brennt man irgendwann aus. Manche haben ein Burn-out, andere bekommen eben Panikattacken. 

Ich hatte sie immer wieder, nie wieder SO stark, aber trotzdem in vielen verschiedenen Situationen. Dann hatte ich sogar ein paar Jahre fast meine Ruhe von Ihnen, bis sich letztes Jahr im Juli wieder eine  in vollster Pracht gezeigt hat.  Aber ja, auch die letzten Jahre waren geprägt von Stress und mit einem Hintern auf 10 Kirtagen verteilt.

Ich habe fast ein Jahr versucht, sie in den Griff zu bekommen, bis ich Ende Juli diesesn Jahres so eine starke Attacke hatte, dass ich ins Spital gefahren bin. Ich hatte so ein ungutes Herzrasen und Herzhüpfer (Extrasystolen) und gleichzeitig dieses hässliche Gefühl, gleich sterben zu müssen. Wieder kam nichts organisches dabei raus.

Diese Zeilen zu schreiben, löst in mir auch innere Unruhe aus, ihr müsst wissen, das Problem ist nicht nur die Panikattacke, sondern auch die ständige Angst vor der nächsten.

Es entwickelt sich im Grunde eine Angststörung daraus, mit einer Mischung von Hypochondrie, weil man jedes Zwicken, Ziehen, jeden Druck etc. als potenzielle GEFAHR wahrnimmt.

Was ich dagegen tue?

Viel haha. Ein Gedanke hilft natürlich meistens : 

„Einatmen, ausatmen, es ist nur eine Panikattacke, mir passiert nichts, es ist noch nie was passiert“

und der ist auch oft Auslöser für das Ende einer solchen. 

Ansonsten hilft mir persönlich Zeit für mich in Form von:

  • Yoga
  • geführten Meditationen 
  • Muskelentspannung nach Jakobson 
  • Lesen
  • Natur und frische Luft
  • Sport 

Natürlich ist nicht immer gleich viel Zeit für diese Helfer, aber ich setze sie ganz bewusst ein, wenn ich wieder Phasen habe, in denen die Attacken öfter kommen.

Es ist wie es ist.

Nun, jetzt kennt ihr eines meiner tiefsten Geheimnisse. Ich habe lange überlegt, ob ich diese Last hier thematisieren soll, aber schlussendlich empfand ich es als RICHTIG. Ich glaube, oder weiß auch, dass sehr viele Menschen, auch Menschen in meiner Familie und meinem Umkreis mit dieser Art von psychischen Störung konfrontiert wurden, oder auch damit leben. Der Austausch  hilft, weil man weiß : Man ist nicht alleine damit.

Menschen brauchen oft Wunden, Narben, einen Verband, eine Schiene, Krücken, einen Gips um zu erkennen, dass jemand verletzt ist. Aber nur weil die Oberfläche nicht aufgekratzt ist, heißt das noch lange nicht, dass innerlich alles in Ordnung ist.

Eine psychische Erkrankung kann man eben nicht eingipsen oder einfach ein Pflaster darüber kleben, sie ist nicht sichtbar und ich denke genau das ist der Grund, warum viele diese Art von Schmerz nicht nachempfinden können.

Ich liebe das Leben und ich bin viel mehr glücklich, als unglücklich. Ich versuche auch meine postiven Gedanken immer zu verbreiten, weil aufgeben sowieso nie eine Option ist. Das wichtigste ist, sich so gut es geht auf sich zu konzentrieren, für sich selbst da zu sein und zu erkennen, wann man einen Schritt zurück treten muss.

Ich bin auch nur ein Mensch, der sich heute hier seelisch ausgezogen hat, der auch manchmal sehr darunter leidet und nicht immer alles im Griff hat, aber damit offen umzugehen, nach 7 Jahren, ist trotz der Überwindung, ein Stein der mir vom Herzen fällt.

Carry

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